Welche Ausrüstung für die Wildlife-Fotografie?


Eine Profi-Kamera mit einem teuren Objektiv ist natürlich kein Garant für gute Bilder. Von einer zweitklassigen Fotoausrüstung solltest Du aber auch keine Spitzenbilder erwarten. Hier erfährst Du bei jedem Bestandteil meiner Ausrüstung, warum ich mich dafür entschieden habe und ob meine Erwartungen erfüllt wurden. Ausserdem erhältst Du praxisbezogene Tipps zum Zusammenstellen Deiner eigenen Ausrüstung für die Wildtierfotografie.

getarnte Kamera mit Teleobjektiv

Die Kamera/das Kamerasystem

Bei der Wildtierfotografie ist das Objektiv wichtiger als die Kamera. Einer der wichtigsten Faktoren bei der Wahl eines Kamerasystems ist also, dass hochwertige und lichtstarke Objektive mit langen Brennweiten zur Verfügung stehen. Hier ein Überblick, was für Kamerasysteme es gibt und eine kurze Einschätzung, wie geeignet sie für die Wildtierfotografie sind:

Kompaktkameras
Durch die qualitativ hochwertigen Kameras der Smartphones sind die Verkäufe dieser Produktgruppe praktisch eingestellt worden. Für die Wildtierfotografie waren sie aber sowieso nie von Bedeutung und darum gehe ich hier auch nicht näher auf sie ein.
Ich muss an dieser Stelle vielleicht präzisieren: Wenn eine Kamera über 500 Gramm wiegt oder mehr als Fr. 800.-- kostet, ist sie nach meiner Definition eine Bridgekamera.

Bridge-Kameras
Die Vorteile der Bridge-Kameras sind eindrücklich: Jede neue Generation ist (auch) bei den Bridge-Kameras immer wieder einen Tick besser als die Alte. Aber lass Dich von den blumigen Versprechen der Werbung nicht täuschen: Weil die Objektive der Bridge-Kameras meist einen sehr grossen Zoom- und Fokus-Bereich abdecken (müssen) und dazu oft ein kleiner Sensor verbaut ist, setzt die Physik Grenzen: Als Nutzer einer solchen Kamera musst Du bei der Abbildungsleistung kompromissbereit sein. Es liegt auf der Hand: Eine Kamera die alles kann, kann gleichzeitig natürlich nichts wirklich gut.
Auf der einen Seite ist das Bild von der leichten Bridge-Kamera, die Du dabei hast, immer besser als kein Bild, weil die schwere Vollformat-DSLR zu Hause liegt.
Auf der anderen Seite kenne ich passionierten Naturfotografen, die Reisen zu Fotohotspots machen, dafür viel Zeit und Geld investieren, ein gutes Auge für eine interessante Bildgestaltung haben, aber leider immer nur eine Bridge-Kamera dabeihaben und somit unzählige Chancen auf Weltklasse-Bilder verschwenden.

DSLR-Kameras
Digitale Spiegelreflexkameras können mit Wechselobjektiven präzise auf die gewünschte Anforderung angepasst werden. Bisher war das die beste Möglichkeit, qualitativ hochwertige Wildtierfotografien aufzunehmen.
Mit dem Aufkommen der DSLR's kamen auch Crop- (respektive Halbformat-) DSLR's auf. Vollformat-Sensoren waren teuer und deshalb verbauten die Kamerahersteller einfach kleinere Sensoren. Weil der Fotograf nur einen Ausschnitt sieht und fotografiert, erscheint ihm dies dann wie eine Brennweiten-Verlängerung. Für die Wildtierfotografie, bei der ja lange Brennweiten wichtig sind, ist das prinzipiell eigentlich ein positiver Effekt. Es sollte Dir aber klar sein, dass das Potenzial zur Freistellung dabei natürlich nicht mehr in dem Umfang gegeben ist wie bei einer Vollformatkamera. Denn in Wirklichkeit ist es ja nur ein Ausschnitt.
Ich rate Dir, wenn es Dein Budget erlaubt und Dir die Naturfotografie wichtig ist, zu einer Vollformatkamera mit hoher Auflösung (über 40 MP) von Canon, Nikon oder Sony. Warum? Hier ein Beispiel einer Situation, wie sie der Wildtierfotograf ständig antrifft: Du bist mit einem langen Teleobjektiv unterwegs und siehst ein relativ weit entferntes Tier.

Was passiert, wenn das Tier näher kommt?
Hier ein weiteres Praxisbeispiel:
Dieser Eisvogel rüttelte jeweils immer nur kurz in der Luft und immer an unterschiedlichen Positionen. Es galt also bereit zu sein, ihn sofort im Sucher zu finden und auszulösen. Trotzdem konnte ich nur dieses eine Foto machen, bis der Vogel in den Sturzflug überging:
Formatuebersicht Eisvogel

Hätte ich eine Crop-Kamera gehabt, wäre ich vermutlich zu spät gekommen: Weil man mit einer Crop-Kamera nur einen kleinen Ausschnitt sieht, ist es damit viel schwieriger ein kleines Motiv im Sucher zu finden. Und mit einer Vollformatkamera mit niedriger Auflösung? Den Ausschnitt, den man wirklich «zeigen» kann ist jetzt, aufgenommen mit einer 50 MP-Kamera, 2562 x 1708 Pixel gross, die Nutzung des Bildes deshalb eingeschränkt. Mit einer Kamera mit geringerer Auflösung wäre die Nutzung des Bildes natürlich noch stärker eingeschränkt (respektive nicht mehr gegeben).

Fazit: Mit einer Vollformatkamera mit hoher Auflösung hast Du die besten Erfolgsaussichten, das Motiv schnell im Sucher zu finden, machst von weit entfernten Tieren die bestmöglichen Fotografien und hast die Chance, ein absolut perfektes Bild zu machen, wenn Du nahe an einem Tier bist.

Spiegellose Systemkameras
Die spiegellosen Systemkameras haben Wechselobjektive wie DSLR-Kameras aber keinen optischen Sucher, sondern einen Elektronischen. Das hat einige Vorteile: Aber natürlich hat es auch Nachteile: Den spiegellosen Systemkameras gehört zweifellos die Zukunft. Die Qualität dieser Systeme ist aber sehr unterschiedlich. Bevor Du Dich für ein System entscheidest, solltest Du prüfen, ob es Deine Anforderungen erfüllt. Die Physik lässt sich nicht überlisten. Bei Kameras mit kleinen Sensorgrössen sind Deine Möglichkeiten, einen Bildausschnitt zu wählen, eingeschränkt. Auch die Objektivauswahl ist bei vielen Systemen mager. Im Moment kann ich nur hochauflösende Systemkameras mit Vollformatsensoren empfehlen, die mit der Objektivpalette der Spiegelreflexkameras kompatibel sind.

Aber sind spiegellose Systemkameras jetzt besser als DSLR's?
Vergleichen wir mal die Canon EOS 5DS mit der EOS R5:
Canon EOS 5DS v.s. Canon EOS R5
Fazit: Die Spiegellose ist zum Filmen toll und Du kannst damit auch Focus-Bracketing-Bilder aufnehmen. Ausserdem macht sie die Bedienung (z. B. mit dem Augen-Autofokus) teilweise sehr bequem und hilft dem Fotografen (z. B. mit dem Histogramm) Fehler zu vermeiden. Wenn Du aber fotografieren kannst, bist Du, für die Wildtierfotografie, mit einer soliden klassischen digitalen Spiegelreflexkamera auch gut ausgerüstet. Bei einem begrenzten Budget würde ich Dir empfehlen, eine DSLR zu kaufen (z. B. eine Gebrauchte) und dafür mehr in Objektive zu investieren.


Der «Lichtriese»


Fotoausrüstung: Das Canon EF 500mm f/4L IS USM (I) Die weite Fluchtdistanz, die fein entwickelten Sinne und die hohe Aufmerksamkeit der Wildtiere stellen hohe Anforderungen an den Fotografen und sein Arbeitsgerät. Das Herzstück der Fotoausrüstung jedes Wildtierfotografen ist deshalb ein Teleobjektiv mit langer Brennweite und hoher Lichtstärke, das hochwertige Bilder auch über grössere Entfernungen ermöglicht. Je länger die Brennweite und je höher die Lichtstärke, desto stärker wirken sich aber Linsenfehler aus. Eine hohe Qualität ist nur mit grossen, aufwendig hergestellten und vergüteten Linsen zu erreichen. Solche Objektive sind teuer und schwer.

Was spricht dagegen, auf Lichtstärke zu verzichten und ein «langes» Objektiv mit geringerer Lichtstärke wie z. B. das Sigma oder das Tamron 150-600mm F5-6.3 zu verwenden?
  1. Weniger Lichtstärke bedeutet mehr Schärfentiefe. Das schränkt bei der Bildgestaltung ein: Das Betonen der Augen, indem man die Schärfe gezielt darauf legt, oder auch das Freistellen vor dem Hintergrund, ist bei diesen Objektiven nur bei einer kurzen Aufnahmedistanz möglich.
  2. Oft sind lange Verschlusszeiten oder hohe ISO-Werte nötig, mit entsprechend negativen Auswirkungen (Bewegungsunschärfe/Verwackeln bei langen Verschlusszeiten, Bildrauschen bei hohen ISO-Werten).
  3. Tiere in Bewegung können nur bei viel Licht oder mit hohen ISO-Werten fotografiert werden.
  4. Der Autofokus ist langsamer und nicht so präzise wie bei höher geöffneten Objektiven.
Diese Einschränkungen gelten besonders wenn es wenig Licht hat. Also am frühen Morgen und am Abend. Genau dann sind aber die meisten Tiere am aktivsten. Und genau dann ist auch die Lichtstimmung am schönsten.

Die Objektive von Tamron und Sigma haben aber auch Vorteile: Sie sind relativ klein und leicht und bieten ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich kenne Fotografen, die damit tolle Bilder machen. Auch ich mag nicht immer mein «Lichtriese» mitschleppen. Weitere Ausführungen zu leichten Objektiven findest Du weiter unten beim Titel «Nikkor 200-500 mm und Nikon D7200».

Bei der Ausrüstung für die Wildtier-Fotografie hat das Objektiv den grössten Einfluss auf die Qualität des Bildes. Spare lieber bei der Kamera als beim Objektiv. Bevor Du Dir ein wirklich schweres und teures Objektiv anschaffst, solltest Du Dir aber darüber im Klaren sein, dass Du damit keine Wanderung machen kannst und die Kamera dabei einfach mal so um den Hals hängen lässt. Damit gehst Du dann fotografieren. Und wenn Du nicht weit weg von allen Menschen bist, werden diese Deine Nähe suchen: Denn wenn jemand so ein grosses Objektiv hat, ist er sicher ein Profi und dann gibt es dort auch sicher etwas Interessantes zu sehen und zu fotografieren (mit dem Handy). An Orten mit Publikumsverkehr ist es also unvermeidlich, dass Dir Passanten auch Tiere verscheuchen.

Wenn Du Dich trotzdem für einen «Lichtriesen» entscheidest, bleibt noch die Frage für welchen. Für die Wildlife-Fotografie haben, meiner Meinung nach, fast alle ihre Berechtigung. Bei zweien habe ich allerdings Vorbehalte:
  1. Das 400er 2.8 ist durch sein beachtliches Gewicht (Canon 3,85 kg, Nikon 4,62 kg) prädestiniert für den Einsatz auf einem Stativ. Für die Wildtierfotografie in Europa ab Stativ sind 400 mm Brennweite aber, in den allermeisten Situationen, zu wenig. Natürlich kann man es dauernd mit Konverter betreiben. Aber auch mit den tollen neuen Konvertern sinkt die Qualität. Zwei Konverter hintereinander einzusetzen führt dann zu deutlichen Qualitätseinbussen. Wenn dann doch einmal ein Tier derart nahe ist, dass 400 mm ideal wären, muss man die Blende schliessen, weil sonst die Tiefenschärfe zu gering ist. Ich sehe wenig Sinn darin, ein hochgeöffnetes Objektiv zu kaufen, das bei Offenblende schon eine tolle Abbildungsleistung hat, um es dann abzublenden. Oder um es dauernd mit einem Konverter zu betreiben und so nur das Zentrum der grossen hochwertigen Frontlinse zu nutzen. Meiner Meinung nach hat das 400er 2.8 sein Haupteinsatzgebiet im Zoo, wo die Distanzen kürzer sind und es wichtig ist, den Hintergrund kurz hinter dem Motiv aufzulösen, damit z. B. das Gitter nicht erkennbar ist. Und in der Sportfotografie.
    Update: Das Canon gibt es neu mit einem Gewicht von 2,84 kg, das Nikkor mit 3,8 kg. Zumindest beim Canon-Model dünkt mich ein Arbeiten aus der Hand jetzt realistisch.
  2. Das 800er 5.6 ist beim Fotografieren auf weite Entfernung dem 600er 4.0 mit Konverter (mit 1.4-fach-Konverter = 840 mm 5.6) unterlegen. Und auf kurze Distanz ist man mit dem 600er natürlich flexibler. Hier auch ein direkter Vergleich dieser zwei Objektive. Da das 800er 5.6 nicht nur eine geringere Qualität liefert, sondern auch schwerer und (zumindest neu) auch teurer ist als das 600er 4.0, sehe ich keinen Einsatzbereich, für den es sich lohnen würde, dieses Objektiv zu kaufen.

Generell haben Objektive mit kürzeren Brennweiten (z. B. das 400er 4.0) ihre Stärke in der Handlichkeit und im geringen Gewicht, während die längeren Brennweiten ihre Stärke im Überbrücken der Fluchtdistanz der Wildtiere haben. Mit den kürzeren, leichteren Objektiven kann man sich also besser anschleichen, mit den längeren lichtstarken Optiken muss man sich weniger nah anschleichen. Das 200-400 4.0 (bei Canon mit zuschaltbarem Konverter) hat seine Stärke in der Flexibilität. Der Preis dafür ist ein recht hohes Gewicht und trotzdem eine nicht ganz so tolle Leistung bei der Überbrückung langer Distanzen. Schlussendlich sollte die Methode, wie Du Fotografieren möchtest, ausschlaggebend dafür sein, für welches Objektiv Du Dich entscheidest.

Für das 500mm 4.0 habe ich mich hauptsächlich wegen dem geringen Gewicht (im Verhältnis z. B. zum damaligen 600er 4.0), der hohen Lichtstärke und der tollen Abbildungsleistung entschieden. Ich habe oft mehrere Stunden Anmarsch und schleiche mich oft gebückt an, teilweise robbe ich sogar. Da bin ich um jedes Gramm froh, das ich weniger dabei habe und um jeden Zentimeter, den ich weniger nah ran muss.
Heute würde ich mich für das 600er 4.0 III entscheiden: Mit der EOS 5DS(r), oder auch der R5, gibt es jetzt Vollformat-Kameras, die eine mit den Crop-Kameras vergleichbare Pixeldichte bieten (die Pixeldichte der EOS 5DS ist nur 3 Prozent geringer als bei der 7D Mark II). So wird ein zu enger Blickwinkel, auch bei sehr guter Tarnung, kaum je zum Problem. Ausserdem ist das neue 600er von Canon ein kleines Gewichtswunder: Es wiegt nur 3.05 kg und ist somit sogar 800 Gramm leichter als mein altes 500er.

Weil ich jetzt aber nicht das nötige Kleingeld für das 600er 4.0 III habe, stelle ich Dir hier mein altes EF 500mm 4.0 L IS (I) USM kurz vor:

Einige Tipps zum Canon EF 500mm f/4L IS USM (I):
Wasseramsel Hirschkuh mit Kalb Steingeiss


Telekonverter/Extender      


Wildlife-Fotografie mit dem Canon 2x Converter Canon 1.4 Converter Kenko 1.5 Converter Sigma 1.4 Converter
Eine grosse Herausforderung bei der Wildtierfotografie ist die Fluchtdistanz der Tiere. Telekonverter (oder Extender, wie Canon sie nennt) sind deshalb wichtige Hilfsmittel. Der Verlust von Lichtstärke ist dabei aber nur ein negativer Aspekt: Jedes zusätzliche optische Element führt auch zu einer Minderung der Abbildungsleistung und zu Abbildungsfehlern wie z. B. Aberrationen (Farbsäumen).

Ich verwende den 2x und den 1,4x Konverter (II) von Canon, den 1,5x von Kenko und den 1,4x Konverter von Sigma. Die Qualität der Bilder, die mit Konverter entstanden sind, empfand ich allerdings immer als enttäuschend. Um herauszufinden, welcher meiner Konverter noch der Beste ist, habe ich einen Test gemacht: Bei sehr reiner Luft, an einem schönen Tag nach einer Regenperiode, habe ich von einem wenig begangenen Pfad aus einen weit entfernten Adlerhorst fotografiert.
Das Ergebnis entsprach dann aber gar nicht meinen Erwartungen: Die schärfsten Bilder hatte ich mit den beiden hintereinander geschalteten Canon-Konvertern aufgenommen. Die mit dieser Kombination aufgenommenen Bilder waren nicht nur relativ zur Grösse des Motivs am schärfsten, sondern auch absolut (also beim Vergleich der Bilder bei einer 100%-Ansicht). Im Gegensatz zu den anderen Bildern waren auch kaum chromatische Aberrationen erkennbar:
Adlerhorst
Erklärung: Nachdem ich die Bilder mit nur einem Konverter gemacht hatte, ist, während ich die zwei Canon-Konverter hintereinander montiert habe, eine Wolke herangezogen. Vermutlich hatte vorher die Luft etwas geflimmert (unser Hirn "rechnet" Bewegungen teilweise raus, ohne dass uns das bewusst wird). Ohne Luftflimmern wurde das Foto natürlich viel schärfer und detailreicher. Ausserdem hat die Wolke für diffuses Licht gesorgt, was zu weniger Kontrast und dadurch auch zu weniger Aberrationen geführt hat.

Fazit: Werden Telekonverter eingesetzt, um lange Distanzen zu überbrücken, spielt die Qualität der Konverter in der Praxis eine untergeordnete Rolle: Entscheidend ist die Qualität der Fernsicht.
Und: Offenbar kann man unter Praxisbedingungen kein Material testen. Aber man kann zu neuen Einsichten über die Relevanz von Tests unter Laborbedingungen kommen.


Das Canon EF 100-400mm f/4.5-5.6L IS USM (I)      

Während das 500er 4.0 im Tarnzelt, für die Lauer in einem Versteck oder auch für kurze Strecken auf der Pirsch (z. B. kurz vor einem Grat oder einer Waldlichtung) perfekt ist, kann man das leichtere 100-400er auch mal für einen Hundespaziergang umhängen, auf eine längere Wanderung mitnehmen oder sich damit geduckt anschleichen. Ausserdem ist der Brennweitenbereich ideal für weniger scheue Tiere (z. B. für Steinböcke).
Das Objektiv wurde 1998 vorgestellt. Verbaut ist ein Bildstabilisator der 1. Generation. Das neue 100-400 mm II hat einen viel wirkungsvolleren Bildstabilisator, den man nicht ausschalten muss, wenn man vom Stativ aus arbeitet. Auch die Abbildungsleistung wurde beim neuen Modell erhöht, die Naheinstellgrenze verkürzt, die Abbildungsfehler reduziert und die Blendenöffnung so optimiert, dass die Bilder einen ruhigeren Unschärfebereich haben.
Was ich an meinem alten Modell aber schätze, ist der Schiebezoom. Einige Kollegen glauben, dass dadurch mehr Staub ins Innere des Gehäuses kommt und sind gar nicht begeistert von der sogenannten «Luftpumpe». Aber eine Längenänderung ist ja immer mit Luftaustausch verbunden. Ich persönlich liebe das schnelle Arbeiten damit. Besonders um Vögel im Flug zu fotografieren, ist es das perfekte Objektiv: Man fängt mit einer Brennweite von 100 mm an, findet so den Vogel sofort im Sucher, schiebt, sobald sich der Vogel in einer ruhigen Flugphase befindet, den Schiebezoom nach vorne, wartet den Bruchteil einer Sekunde, bis der Autofokus die Schärfe nachgeführt hat und löst dann aus.

Die Abbildungsleistung ist, auch bei den hohen Pixeldichten der aktuellen Kameras, noch durchaus akzeptabel. Mit Konverter oder ab Stativ verwende ich dieses Objektiv praktisch nie.

Die Stärken - Schwächen-Übersicht:
+ handlich/geringes Gewicht
+ schneller Autofokus
+ schneller Schiebezoom
+ recht gute Abbildungsleistung, besonders am wichtigen langen Ende
+/- Lichtstärke 5.6 bei 400 mm (besser als das Sigma 150-600er (6.3) gleich wie das Tamron 150-600er)
+/- Stabilisator der 1./2. Generation
- Unschärfebereich (Bokeh) etwas unruhig (meine subjektive Meinung)
- nur 400 mm Brennweite

Steinadler im Flug Falkenlibelle / Gemeine Smaragdlibelle Steingeiss in den Alpen

Nikkor 200-500 mm und Nikon D7200      

Warum jetzt Nikon?

Ausser dem «EF 400mm f/5,6 L USM» (ohne Bildstabilisator, Konstruktionsjahr 1993) und dem 100-400mm f/4,5-5,6 hatte Canon für Wildtierfotografen lange Zeit kein leichtes und «langes» Objektiv, das einfach mal für einen Hundespaziergang umgehängt werden konnte. Das leichteste mit mehr als 400 mm Brennweite von Canon war das 500mm 4.0 (das aktuelle Modell wiegt 3,2 kg).
Sigma und Tamron produzieren für diesen Bereich schon lange Zoomobjektive mit Brennweiten bis 600 mm. Ich konnte mich allerdings nie entschliessen eines dieser Objektive zu kaufen: Der weite Zoombereich (4x) lässt nicht auf eine hohe Abbildungsleistung schliessen. Die Optiken von Sigma und Tamron sind auch nicht lichtstark: Bei 500 mm haben beide eine Offenblende von nur F6.3. Ausserdem sind diese Objektive so konstruiert, dass sie mit vier verschiedenen Objektivanschlüssen (Sigma, Canon, Nikon und Sony) versehen werden können. Es liegt auf der Hand, dass dabei Kompromisse eingegangen wurden und der Autofokus nicht ganz so schnell und präzise arbeitet wie bei einem Objektiv, das für nur einen Bajonettanschluss entwickelt und optimiert wurde.

Aber auch die neuen Objektive von Canon sind enttäuschend: Canon hätte eigentlich nur das Nikkor 200 - 500 mm 5.6 nachbauen müssen. Die Qualität der Nikkor-Linse ist alles andere als unerreichbar (dazu unten mehr). Stattdessen haben sie drei lange Linsen auf den Markt gebracht, die alle derart lichtschwach sind, dass sie für ambitionierte Wildtierfotografen unbrauchbar sind.

Wegen den Qualitätseinbussen durch Dunst, Pollenflug oder dem Flimmern der Luft sollte man sich als Naturfotograf nicht nur auf die Brennweite konzentrieren. Meiner Meinung nach ist das Nikkor 200 - 500 mm, mit einer durchgehenden Lichtstärke von F5.6, einem Gewicht von knapp 2.1 kg und einem wirkungsvollen Bildstabilisator ein wirklich gelungener Kompromiss. Das Nikkor-Objektiv ist auch günstig und die semiprofessionellen Nikon-Kameras kosten auch nicht die Welt.

Das AF-S NIKKOR 200–500 mm 1:5,6E ED VR

Das Objektiv kommt schon etwas wuchtiger daher als mein altes 100-400er von Canon, ist aber, da es aus Kunststoff gefertigt ist, nicht viel schwerer. Positiv überrascht hat mich die Abbildungsleistung im Nahbereich: Bis zum maximalen Abbildungsmassstab von 1:4,5 ist es für «Makros» von scheuen oder gefährlichen Tieren perfekt. Danach kann man sich mit einem Zwischenring behelfen.
Was mich negativ überraschte, ist die geringe Steigung des Drehzooms. Ich bin allgemein kein Fan von Drehzooms, hatte aber gedacht, dass ein 2,5-fach Zoom noch handelbar sein müsste. Hier wurden meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Von 200 bis 300 mm benötigt man fast eine Viertelumdrehung und von 300 bis 500 mm nochmals eine. In der Praxis ist es unmöglich, von 200 bis 500 mm «durchzuzoomen», ohne nachzufassen.
Ebenfalls negativ aufgefallen ist mir der Halt der Gegenlichtblende: Eine Gegenlichtblende ist mir in ein gefährliches Tobel heruntergefallen und liegt vermutlich immer noch dort. Die Ersatzgegenlichtblende musste ich bereits wieder einige Male suchen.
Ein dritter negativer Punkt ist, dass es mir mit diesem Objektiv, trotz teilweise guten Gelegenheiten, noch nie gelungen ist einen Vogel im Flug, in einer einigermassen akzeptablen Qualität, zu fotografieren. Obwohl das Objektiv über einen Ultraschallmotor verfügt, dünkt mich der Autofokus nicht ganz so «bissig» wie bei meinen beigen L-Objektiven von Canon. Vielleicht mache ich aber auch etwas falsch? Tipps und Anregungen sind willkommen: matthias.meyer@wildtierfotografie.ch

Die Nikon D7200

Eigentlich muss ich keine «semiprofessionelle» Kamera haben und tendierte anfangs zur leichteren D5500. Den Ausschlag zur D7200 gegeben hat der etwas bessere Autofokus, die schnellere Serienbildfunktion, der leicht höhere Dynamikumfang und, dass die D5500 nur verlustbehaftet komprimierte Daten liefert. Der mitgelieferte Umhängegurt mit dem leuchtfarbenen Schriftzug geht für Naturfotografen aber gar nicht. Wenn ihr die Kamera kauft, solltet ihr gleichzeitig einen Separaten bestellen (den Naturfarbenen von OP/TECH kann ich z. B. empfehlen).
Die Bedienung ist ähnlich wie bei Canon. Wo ich zuerst «reingefallen» bin, ist die AUTO-ISO-Einstellung: Wenn man bei Canon diese Einstellung wählt, passt die Kamera immer die ISO-Zahl so an, dass die Verschlusszeit der Brennweite angepasst ist (bei 200mm 1/200 Sek., bei 500mm 1/500 Sek. etc.). Nikon verlangt zur AUTO-ISO-Einstellung noch eine weitere ISO-Einstellung. Und diese Einstellung verwendet die Kamera dann als Wunsch-Einstellung. Wenn man dort also 3200 ISO einstellt, fotografiert die Kamera auch mit 3200 ISO. Egal wie hell es ist.

Die Stärken - Schwächen-Übersicht:
+ Lichtstärke 5.6 bis 500 mm
+ geringes Gewicht
+ gute Abbildungsleistung im Nahbereich
+ wirkungsvoller Bildstabilisator
+ weicher Unschärfebereich (Bokeh) (meine subjektive Meinung)
+/- Abbildungsleistung allgemein (i.O. verglichen mit dem 100-400 (I) - habe mir von einem 18 Jahre «jüngeren» Objektiv aber schon noch etwas mehr versprochen)
- unscharfe Bilder bei der Fotografie von fliegenden Vögeln (Autofokus?)
- Drehzoom mit geringer Steigung
- Gegenlichtblende hält schlecht
Flussregenpfeifer Kreuzottern Heidelibelle

Fehlfokus

Neue Bestandteile meiner Fotoausrüstung teste ich im Praxiseinsatz beim Fotografieren. Bei meinem Nikon-Material bereue ich das: Erst nach zahlreichen Aufnahmen habe ich einen ausgeprägten Frontfokus festgestellt. Er konnte glücklicherweise in den Kameraeinstellungen kompensiert werden. Hier kannst Du Dein Material auf Fokusfehler testen.
Fehlfokus




Makro-Objektive      

Meiner Meinung nach schiesst die Canon-Philosophie «höchste Abbildungsleistung bereits bei Offenblende» bei Makroobjektiven über das Ziel hinaus: Bei Makroaufnahmen verwendet man meist Blende 5,6 und höher. Aber natürlich sollte das Objektiv trotzdem hoch geöffnet sein, um ein helles Sucherbild zu erhalten und um präzise fokussieren zu können.
Bei Makroobjektiven halte ich es ausserdem für besonders wichtig, dass der Unschärfebereich weich und harmonisch ist. Und, wie immer in der Wildtierfotografie, ist eine lange Brennweite und ein wirkungsvoller Bildstabilisator von Vorteil. Das Sigma MAKRO 180mm F2,8 EX DG OS HSM wird, meiner Meinung nach, all diesen Ansprüchen am besten gerecht. Ausserdem gibt es mit dem 1,4x-Konverter ein noch recht passables 210 mm 4.0 ab. Das Objektiv hat abgeblendet eine exzellente Abbildungsleistung und praktisch keine Aberrationen. Für die Fotografie von Insekten wäre mehr Brennweite natürlich cool. Ein kleiner Kritikpunkt: Bei eingeschaltetem Bildstabilisator ist das Sucherbild immer etwas am «Wandern». Das muss man immer ausgleichen, um das Autofokusfeld am gewünschten Ort zu halten.
Obwohl ich das Sigma 180mm für Makrotouren uneingeschränkt empfehlen kann, ist es doch mit seinen 1,64 Kilogramm recht schwer. Deshalb nehme ich, wenn ich mit dem 500er unterwegs bin und die Mittagszeit für die Makrofotografie nutzen möchte, oft das Sigma MAKRO 150mm F2,8 EX DG HSM (die alte Version ohne Bildstabilisator) mit. Es wiegt keine 900 Gramm, hat aber auch eine sehr gute Abbildungsleistung.
Ausserdem benutze ich gelegentlich noch ein altes Tamron SP AF 90mm F/2.8 MACRO. Die Leistungen halte ich für nicht ganz so sensationell und der Unschärfebereich ist auch nicht ganz so perfekt wie bei den Sigmas. Aber wirkliche Schwächen, ausser der für die Tierfotografie etwas kurzen Brennweite, sind mir bisher keine aufgefallen.

Wildbiene Waldeidechse Alpengelbling


Die Tarnung      

In der Stadt und in hohen Lagen der Alpen kommt man teilweise auch ohne Tarnung nahe an Tiere heran. Sobald man die Kamera auf diese Tiere richtet, ist es dann aber auch nicht mehr immer ganz so einfach. In den meisten Situationen ist es aber von Vorteil, wenn uns die Tiere gar nicht erst bemerken. Dazu ist es wichtig zu wissen, wie die Tiere ihre Umgebung wahrnehmen.

Bei der Fotografie von Vögeln kann man den Geruch und damit die Windrichtung vernachlässigen. Zumindest Birkhühner werden auch nicht misstrauisch, wenn am Morgen plötzlich ein Tarnzelt auf ihrem Balzplatz steht. Somit ist das Vorgehen bei Birkhühnern relativ einfach: Zuerst beobachtest Du aus grosser Entfernung, wo die Balz stattfindet. Dann ziehst Du Dich unbemerkt zurück und stellst in der nächsten Nacht, noch vor Einbruch der (nautischen) Dämmerung, am Rande des Balzplatzes dein Tarnzelt auf. Nach dem Fotografieren solltest Du das Tarnzelt erst eine halbe Stunde nachdem der letzte Vogel abgezogen ist, wieder verlassen. Sonst kann sich die Balz verlagern oder auch ganz ausfallen. Nimm also nicht nur warme Kleider (oder einen Schlafsack), sondern auch genug zu Essen und zu Trinken mit.

Vögel haben mehr Rezeptoren in den Augen als wir. Vermutlich nehmen sie damit Licht wahr, das für uns im unsichtbaren Wellenlängenbereich liegt (z. B. UV-Licht). Bei ihnen ist die optische Tarnung entscheidend.
Im Gegensatz dazu sehen Säugetiere kaum Farben (einige Primaten, darunter auch der Mensch, sind eine Ausnahme). Dafür sehen sie während der Dämmerung und in der Nacht sehr gut und haben auch einen exzellenten Geruchssinn. Versuche also besser nicht, Dich im Schutze der Dunkelheit, oder mit dem Wind im Rücken, an Säugetiere anzuschleichen.
Auf Geräusche (z. B. vom Auslöser) reagieren Säugetiere ebenfalls empfindlich. Wenn Deine Kamera die Möglichkeit bietet, das Auslösegeräusch zu dämpfen, solltest Du das nutzen.

Tarnkleider

Probiere Dich in Farben zu kleiden, die in die Umgebung passen, in der Du fotografierst. Naturfarben wie z. B. braun, ocker, oliv oder grün sind meistens eine gute Wahl. Camouflage-Muster sind natürlich am besten. Hilfreich sind aber auch gestickte Muster, ein grobmaschiger Stoff, aufgenähte Säcke etc. Fachgeschäfte für den Jagdbedarf haben meist ein grosses Sortiment an hochwertigen und günstigen Kleidungsstücken in Tarnfarben.

Ghillie-Suit

Die Tarnwirkung eines Ghillie-Suits ist kaum zu übertreffen: Als ich damit einmal längere Zeit regungslos lauerte, ist mir der Vogel, den ich eigentlich fotografieren wollte, auf den Kopf gesessen.
Die angenähten Fäden lassen die Silhouette mit der Umgebung verschwimmen. Kaum etwas verrät, dass sich unter dem Tarnkleid ein Mensch verbirgt. Gerade das ist aber, wenn man einem Menschen begegnet, unangenehm. Der Ghillie-Suit hat aber auch sonst einige Nachteile:
Für eine längere Pirsch ist ein Ghillie-Suit ungeeignet. Ich persönlich setze ihn nur ausnahmsweise ein, wenn es z. B. bei sehr heiklen Tieren nicht möglich ist, ein Tarnzelt zu verwenden (weil z. B. das Gelände zu steil ist oder weil es nicht möglich ist, das Tarnzelt aufzustellen, ohne entdeckt zu werden).

3D Tarnanzug

Wenn ich einen Tarnanzug benutze, dann in neun von zehn Fällen das «Sneaky 3D Innovation Set» von Deerhunter. Es ist ausschliesslich aus, mit Naturmuster bedrucktem, Netzstoff hergestellt. Für den 3D-Effekt wurden zusätzlich Bahnen des Netzstoffs aufgenäht. Durch die Wechselwirkung zwischen Druck und echter Dreidimensionalität ist die Tarnwirkung durchaus mit der eines Ghillie-Suits vergleichbar. Wenn man sich darin bewegt, ist man aber schneller, agiler und unauffälliger als mit dem sperrigen Ghillie-Suit. Im Rucksack ist das Set sehr klein, es ist leicht und wenn man es direkt auf der Haut trägt, schütz es vor der Sonne, gibt aber kaum warm. Obwohl der Netzstoff leicht durchsichtig ist und fragil wirkt, ist er recht strapazierfähig.

Tarnüberwurf

Tarnüberwürfe sind Tücher aus bedrucktem Stoff mit einer Öffnung für das Objektiv und einem Sichtfenster aus Netzmaterial. Ich hatte den «Advantage Max4» von Kwik Camo. Mein Eindruck war, dass er die Nachteile eines Tarnzelts und eines Tarnanzuges ohne 3D-Effekt kombiniert: Einerseits ist es schwierig bis unmöglich, sich mit dem Tarnüberwurf im Gelände fortzubewegen, anderseits sind beim Ansitz auch die kleinsten Bewegungen des Fotografen von aussen wahrnehmbar und verhindern, dass sich Tiere nähern. Nachdem ich mich zwei Tage intensiv bemüht habe, ohne dass sich auch nur eine Chance auf ein brauchbares Bild ergeben hätte, habe ich mich von meinem Tarnüberwurf getrennt.

Tarnnetz

Gute Tarnnetze sind nicht einfach Tücher mit Löchern, sondern haben einen 3D-Effekt, der den Umriss verschwimmen lässt. Weil das Netz nicht ganz deckt, ist es wichtig, darunter unauffällige Kleider oder einen Tarnanzug zu tragen.

Ghillie-Suit 3D-Tarnanzug Tarnnetz

Tarnzeltfotografie

Besonders angenehm für den Fotografen ist die Wildtierfotografie, wenn er mit seiner Kamera durch die unberührte Natur schlendern kann und einfach alles fotografiert, was ihm vor die Linse kommt. In einem dunklen Zelt zu sitzen und darauf zu warten, dass sich ein Tier nähert, kann natürlich langweilig sein. Man kommt freilebenden Tieren aber nie so nahe und erlebt nie so natürliche Verhaltensweisen wie bei der Tarnzeltfotografie.
Der Erfolg bei der Tarnzeltfotografie hängt hauptsächlich vom Standort des Tarnzelts ab. Hier hilft Dir eine lange Pirsch-Erfahrung.

Ameristep Doghouse

Man kann das Doghouse als «Mutter aller Federstahlring-Tarnzelte» bezeichnen. Noch treffender wäre vermutlich «Grossmutter» oder «Urgrossmutter».
Das wirklich tolle am Doghouse ist das grosszügige Platzangebot: Notfalls haben zwei Personen darin Platz und alleine kann man darin auch ohne weiteres übernachten. Das Doghouse lässt sich schnell auf- und wieder abbauen. Es ist innen schwarz beschichtet und hat deshalb eine hohe Tarnwirkung. Durch den grossen Innenraum ist es, zumindest mit meinem 500er, möglich zu fotografieren, ohne dass das Objektiv aus dem Tarnzelt herausragt. In der Werbung behauptet Ameristep auch, das Tarnzelt verhindere, dass der menschliche Geruch nach draussen dringe. Das halte ich allerdings für Jägerlatein.
Das Doghouse ist gut und straff verarbeitet: Bei leichtem Wind flattern die applizierten Blatt-Attrappen, was von den Tieren akzeptiert wird, aber nicht das Tarnzelt selbst. Das Doghouse wurde hauptsächlich für die Jagd entwickelt. Die Öffnungen befinden sich deshalb auf «Schusshöhe». Bodennahe Aufnahmen sind so natürlich nicht möglich. Um mit einer möglichst tiefen Perspektive arbeiten zu können, habe ich den oberen Teil der Öffnungen mit Tarnnetzen abgedeckt: So kann ich mit der Kamera auf einer tiefen (Sitz-)Position arbeiten, bin aber trotzdem gut getarnt.
Das Doghouse ist selbsttragend, die Heringe werden nur bei starkem Wind benötigt. Es ist nicht wirklich wasserdicht, bei einem kurzen Nieselregen bleibt man darin aber trocken. Mit 6,4 kg ist es relativ schwer und mit seinen 61 cm Durchmesser passt es in keinen Rucksack. Mit den Riemchen am Zeltsack könnte man das Zelt selbst wie ein Rucksack tragen. Für uns Fotografen ist das aber natürlich nicht realistisch: Die Kamera, das Objektiv, das Stativ, der Hocker und der Proviant müssen ja auch irgendwo verstaut werden. In der Praxis ist es dann so, dass ich das Tarnzelt in der Hand trage. Das ist zwar etwas mühsam, nehme ich aber, für den hohen Komfort und die ausgezeichnete Tarnwirkung der «Hundehütte», gerne in Kauf.

Ameristep Gunner

Das Gunner soll der leichte Bruder vom Doghouse sein. Mit einem Gewicht von 3,4 kg ist es zwar deutlich leichter, in einen Rucksack passt es mit seinen 58 cm Durchmesser aber trotzdem nicht. Da es nur zwei Federstahlringe hat, steht es viel instabiler als das Doghouse (mit vier Federstahlringen). Ein Befestigen und Abspannen mit Heringen ist beim Gunner Pflicht. Das Gunner benötigt eine fast so grosse Stellfläche wie das Doghouse, bietet aber viel weniger Platz: Mit einem längeren Teleobjektiv ist das Fotografieren praktisch nur in Längsrichtung möglich, und auch dort ragt das Objektiv aus dem Tarnzelt heraus. Bei Schwenks kommt man am Zelt an. Wenn man das Gunner auf ein Feld stellt, bewegt es sich im Wind. Wenn der Fotograf darin fotografiert, bewegt es sich auch ohne Wind. Das Gunner erfüllt somit den Zweck einer Vogelscheuche perfekt. Zum Fotografieren von scheuen Wildtieren ist es aber eher ungeeignet. Für mich war das Gunner eine Fehlinvestition.

WWS C31.1-X

Das C31.1-X von Wildlife Watching Supplies ist speziell geeignet für bodennahe Aufnahmen. Obwohl man darin liegt, hat es, wie übrigens alle Tarnzelte, keinen Zeltboden. Der Stoff, ein Baumwoll-Polyester Mischgewebe, ist relativ schwer. Ein Haupteinsatzgebiet des C31.1-X ist das Fotografieren von Wasservögeln in Ufernähe. Da es dort oft windig ist, besteht natürlich immer die Gefahr, dass der Stoff des Zelts flattert und die Tiere verscheucht. Der schwere Stoff ist deshalb bei diesem Tarnzelt durchaus angebracht. Der Zeltstoff ist unten auf der ganzen Länge umgeschlagen und abgenäht. Die so entstehenden Taschen kann man für Zubehör nutzen. Oder mit Steinen füllen, damit das Fotografieren auch bei recht starkem und böigem Wind realistisch bleibt. Da der Stoff innen keine schwarze Beschichtung hat, ist es im Zelt relativ hell. Das macht den Aufenthalt darin zwar angenehm, erfordert aber auch eine vorsichtige Arbeitsweise, damit man nicht entdeckt wird. Das Zelt ist mit unzähligen Öffnungen, Schnüren und Tarnnetzchen ausgerüstet. Aus einem Liegezelt heraus zu fotografieren ist natürlich immer anspruchsvoll. Trotzdem nervt das Herumgefummele mit den Abdeckungen, Netzchen und Schnürchen: Wenn das Tarnzelt etwas grösser wäre und eine schwarze Innenbeschichtung hätte, könnte man das Zeugs wegnehmen und wäre durch die Dunkelheit im Innern des Zeltes vor Blicken geschützt.

Ameristep Doghouse Ameristep Gunner Das Tarnzelt WWS C31.1-X

Tarnzelt-Sommer-Tipp

Bei direkter Sonneneinstrahlung kann es in einem Tarnzelt, ähnlich wie in einem Gewächshaus oder in einem Auto, sehr heiss werden. Um das zu vermeiden, kannst Du ein Tarnnetz über das Zelt legen, damit die Sonne nicht direkt auf das Zelt scheint. Am besten eignen sich 3D-Netze: Diese liegen nicht flächig auf der Zeltwand und geben die Wärme weiter, sondern sind hinterlüftet und spenden dem Zelt Schatten, ohne es aufzuheizen. An sehr heissen Tagen kannst du auch Tücher auf das Zelt legen und diese anfeuchten: Durch die Verdunstung bleibt es im Zelt dann kühl. Am besten legst/spannst Du das Tarnnetz dann darüber. Allerdings benötigt das viel Wasser und Du musst zwischendurch das Zelt verlassen, um die Tücher wieder anzufeuchten.


Die Bildentwicklung      

Die Hardware

Der Computer Für die Bildbearbeitung benötigen Computer viel Arbeitsspeicher. Erfahrungsgemäss reichen 16 MB für die Bearbeitung von Bildern mit 50 Megapixel aus. Und zwar auch dann, wenn Du mit mehreren Ebenen arbeitest. Allerdings kommt das nächste Betriebssystem und Deine nächste Kamera und beide werden mehr Hunger nach RAM und auch nach Prozessorleistung haben.
Der Monitor Viele Hobbyfotografen ziehen den sRGB-Farbraum dem AdobeRGB-Farbraum vor, weil er zu weniger Problemen führt. Ich finde das schade: Mit dem AdobeRGB-Farbraum können viel mehr Farben beschrieben werden und die Farben der Natur somit präziser abgebildet werden. Für professionelle Zwecke macht es Sinn, wenn Du die Bilder im AdobeRGB-Farbraum belässt. Du kannst Deine Bilder jederzeit, mit ein paar Mausklicks, vom AdobeRGB in den sRGB-Farbraum konvertieren. Dabei werden die Farben des grösseren AdobeRGB-Farbraums so umgerechnet/reduziert, dass sie in den kleineren RGB-Farbraum passen. Umgekehrt funktioniert das natürlich nicht so einfach.
Wenn Du im Adobe-RGB-Farbraum arbeiten möchtest, ist es von Vorteil, wenn Dein Bildschirm zumindest einen Teil dieses Farbraums darstellen kann (Wide Gamut) und kalibriert ist.
Hierzu wurde allerdings schon viel Gescheites geschrieben, deshalb an dieser Stelle nur noch zwei Links:
Monitor für Bildbearbeitung von Matthias Haltenhof
Warum und wie man Bildschirme kalibriert von Patrick / Pixolum

Bildentwicklung

Bei der Bildentwicklung konvertierst Du die RAW-Datei in eine TIFF- oder JPEG-Datei. Hier einige typische Einstellungen bei der Bildentwicklung: Weil die RAW-Datei eine Menge Daten enthält, die auf dem Bildschirm nicht dargestellt werden können, ist es bei einigen Einstellungen wichtig, dass Du sie bei der Bildentwicklung vornimmst: Die RAW-Datei zuerst in ein anderes Format zu konvertieren und dann erst zu bearbeiten, kann zu Qualitätseinbussen führen.
Nachfolgend als Beispiel die Kontrasteinstellung:

Hier ein Bild mit einem Verlauf von 55 bis 45 Prozent und einem Text in 50 Prozent schwarz. Dieses Bild hat eine Farbtiefe von 16 Bit (stimmt nicht wirklich: Um es hier einzubinden, musste es als JPEG gespeichert werden):
Verlauf mit 16 Bit

Dasselbe Bild mit einer Farbtiefe von 8 Bit (das ist die Farbtiefe von JPEG-Dateien):
Verlauf mit 8 Bit

Zwischen den Bildern ist (logischerweise) kein Unterschied erkennbar. Der Unterschied ist auch nur bedeutend, wenn man die Bilder bearbeitet. Den Kontrast zu erhöhen, weil man das Bild als zu flau empfindet, ist sicher eine der gebräuchlichsten Einstellungen bei der Bildentwicklung:

korrigierter Verlauf mit 16 Bit
Beim Ausgangsbild mit 16 Bit Farbtiefe bleiben die Kontrastabstufungen im unsichtbaren Bereich. Das gibt uns die Möglichkeit, Details zu betonen, die vorher kaum sichtbar waren, ohne bei der Qualität Einbussen hinnehmen zu müssen.

korrigierter Verlauf mit 8 Bit
Wenn wir das gleiche beim Ausgangsbild mit nur 8 Bit Farbtiefe machen, werden Abrisse sichtbar. Du denkst jetzt vielleicht, dass Du nie derart stark in den Bildkontrast eingreifst. Aber wenn Du eine JPEG oder TIFF-Datei mehrmals bearbeitest und speicherst, kumulieren sich die Eingriffe und es können mit der Zeit trotzdem Abrisse sichtbar werden. Du solltest deshalb als Ausgangsmaterial immer eine noch nicht bearbeitete Datei, mit einer möglichst grossen Farbtiefe, verwenden.
Die Bildentwicklung ab RAW-Daten erfolgt non-destruktiv. Das heisst, die RAW-Datei wird dabei nicht verändert (die Einstellungen werden in einer separaten Datei gespeichert) und Du hast immer die ursprünglichen Daten zur Verfügung.

Im Gegensatz zur Bildbearbeitung, die auch selektive Eingriffe und Montagetechniken beinhaltet, geht es bei der Bildentwicklung hauptsächlich darum, das, was bereits latent in der Rohdatei vorhanden ist, zu betonen. Meiner Meinung nach wird die Bildbearbeitung oft überschätzt, die Bildentwicklung aber unterschätzt: Sorgfältig entwickelte Bilder müssen kaum noch bearbeitet werden.

Programme zur Bildentwicklung haben alle ihre Stärken und Schwächen. Welche Stärken muss ein RAW-Konverter für das Entwickeln von Wildtierfotografien haben?

Schauen wir uns einige typische Situationen bei der Wildtierfotografie an: Die Wildtierfotografie ist sicher eine der anspruchsvollsten Disziplinen der Fotografie. Deshalb sind unsere Bilder technisch nicht immer ganz perfekt: Hohe ISO-Werte und Belichtungen im Grenzbereich gehören bei uns zum Alltag. Die Kernkompetenzen eines RAW-Konverters für die Wildtierfotografie ist also sicher, das Sensorrauschen zu reduzieren und dabei gleichzeitig die Bildinformationen zu bewahren, sowie fast zugefallene und fast ausgerissene Bildpartien zu «retten».

Picturecode ist bekannt geworden durch das Photoshop-Plugin «Noise Ninja». Damit kann das Bildrauschen effektiver und mit weniger Detailverlust reduziert werden als mit den Werkzeugen von Photoshop selbst. Im RAW-Konverter «Photo Ninja» sind die Algorithmen von Noise Ninja integriert. Da das Programm hier direkt auf die von der Kamera gelieferten RAW-Daten zugreift, kann es noch präziser zwischen Sensorrauschen und Bildinformation unterscheiden.
Auch beim Wiederherstellen von leicht ausgerissenen Bildpartien haben die Programmierer von Picturecode gute Lösungen gefunden. Wobei man hier realistisch sein muss: Wenn ein Farbkanal noch vorhanden ist, kann Photo Ninja die anderen Farben rekonstruieren. Das braucht aber die Kontrolle des Fotografen. Wenn aber alles komplett ausgerissen ist, kann natürlich auch PhotoNinja fehlende Details und Farben nicht einfach «herbeirechnen». Im Vergleich zu anderen RAW-Konvertern kann PhotoNinja aber erstaunlich viel.

Röhrender Hirsch LR4 Naturfotografie: röhrender Hirsch

Einige Besonderheiten von Photo Ninja:


Ich freue mich auf konstruktive Kritik, Anmerkungen und Ergänzungen: matthias.meyer@wildtierfotografie.ch

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